Die künstlerische Arbeit mit und von Kindern und Jugendlichen findet gleichermaßen in professionellen Kontexten wie im Schultheater statt. Beide ergänzen und inspirieren einander. Darstellende Künste für junges Publikum sind per se Kulturelle Bildung. Die Arbeit von Theaterlehrer*innen basiert auf künstlerischen Verfahrensweisen. Produktion und Rezeption der Darstellenden Künste stehen gleichberechtigt nebeneinander. Schule ist der Ort, der allen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an kultureller Bildung unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Wohnort gewährleistet. Die gesetzlich festgelegte Selbstverpflichtung der Hessischen Landesregierung, Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche in besonderem Maße zu fördern, muss also in Schule und der Kooperation von Theater/Darstellenden Künsten und Schule ihren Niederschlag finden. Die Empfehlungen für die Entwicklung der Zusammenarbeit der „Darstellende Künste und Schule in Hessen“ wurden erarbeitet von der Arbeitsgruppe Darstellende Künste und Schule in Hessen. Die Empfehlungen wurden ausgehend von den Ergebnissen der Studie „Darstellende Künste und Schule in Hessen“ der ASSITEJ e.V. aus dem Jahre 2018 formuliert. Grundsätzlich ergibt sich aus der Studie: Die Arbeit im Bereich der Darstellende Künste an Schulen muss erhalten und erweitert werden. Dazu bedarf es einer Überarbeitung und Aktualisierung der Rahmenvereinbarungen zur Zusammenarbeit von Theatern und Schulen und wesentlich die Bildung einer Interministeriellen Arbeitsgruppe, in der die Ministerien für Wissenschaft und Kunst, das Kultusministerium und das Sozialministerium vertreten sind. Die AG Darstellende Künste und Schule soll zukünftig als Fachbeirat im Auftrag dieser IMAG agieren. Die Vertreter*innen können an diversen Stellen (in Jurys und anderen Beiräten) als Expert*innen für Darstellende Künste und Schule agieren, und so die Entwicklung in diesem Bereich durch ihre Expertise unterstützen. Die Darstellenden Künste brauchen eine curriculare und personelle Verankerung in den Schulen. Um dies zu realisieren gilt es, analog zur Sekundarstufe II das Fach Darstellendes Spiel in der Primar- und Mittelstufe einzuführen. Die vorhandenen Programme „Theater für ALLE!“ (Grundschule) und „KulturSchule“ (Sekundarstufe I) sind auszubauen und zu erweitern, um mögliche weitere wegweisende Modellschulen im Bereich Darstellende Künste zu etablieren. Darstellende Künste brauchen in der Schule einen sicheren Platz: als Unterrichtsfach, fächerübergreifend oder auch in der Zusammenarbeit mit Künstler*innen. Die Verankerung der Darstellenden Künste im Regelunterricht Darstellendes Spiel ist ebenso vonnöten wie der Ausbau nonformaler Bildungsangebote. Qualifizierung von Lehrkräften für das Darstellende Spiel an Schulen Die Etablierung eines Studienangebots Darstellendes Spiel an einer hessischen Hochschule im Rahmen der ersten Phase der Lehrerausbildung ist für die Qualität und Kontinuität der Darstellenden Künste in der Schule unerlässlich. Des Weiteren ist, um ein nachhaltiges und flächendeckendes Angebot im Fach sicherzustellen, die Fortsetzung der hessischen Weiterbildungskurse „Darstellendes Spiel“ für Lehrkräfte für alle Schulformen zu gewährleisten. Die in diesem Bereich bereits vorhandenen Kontakte zwischen Institutionen der Lehrerbildung und professionellen Theatern sind zu vertiefen. Schule und Darstellende Künste in kommunalen Bildungslandschaften
Schule sollte als Teil eines übergreifenden sozialräumlichen Zusammenhangs begriffen werden. Das impliziert sowohl ein Verständnis von Schule als kulturelles Zentrum für Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern, Kunstschaffende und Öffentlichkeit wie auch die Ermöglichung von Kunstbegegnungen über den Schulhof hinaus. Dies heißt auch, hierfür die entsprechenden Zeiträume und Räume zur Verfügung zu stellen und die entsprechenden Strukturen zu etablieren. Dies gilt insbesondere für die Ganztagsschulen. Hierfür müssen den Schulen Budgets und personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Um die Darstellenden Künste nachhaltig zu fördern, ist ein ressortübergreifendes Arbeiten unabdingbar. Anzuregen wäre die Gestaltung kommunaler Bildungslandschaften unter Einbezug der Institution Schule, der Kommune und den Darstellenden Künsten. Es gilt hier an den bereits vorhandenen Netzwerken und Strukturen anzuknüpfen und zu gewährleisten, dass die Angebote der freien Theater abgerufen werden können. Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, Mittel für Kunst für Kinder und Jugendliche - beispielsweise durch Vergabe von Kulturgutscheinen – bereitzustellen.
Netzwerke und Vermittler*innen stärken
Kulturelle Bildung braucht verbindliche Ansprechpartner*innen von Seiten der Darstellenden Künste, den Schulen und den Kommunen. Vorhandene Netzwerke und Koordinierungsstellen gilt es zu stärken.2 Koordinierungsstellen in Kommunen (bzw. Kreisen) vor allem in ländlichen Räumen wären zu etablieren, denn Organisation und Koordinierung sind wesentlich. Dazu gehört auch die Stärkung der Rolle der Vermittler*innen an den Schnittstellen von Darstellenden Künsten und Bildung. Die Akteur*innen müssen auskömmlich entlohnt werden. Die Vernetzung der Darstellenden Künste, Schulen und Kommunen ist zu befördern. Tandem- und Tridemstrukturen sind auszubauen.
Förderung sichern – Darstellende Kunst in der Schule braucht künstlerische Qualität Die künstlerische Arbeit von Darstellenden Künstler*innen in Bildungskontexten ist ein relevantes Praxisfeld. Förderung kultureller Bildungsprojekte kann jedoch kein Ersatz für Produktionsförderung sein. Die Förderung als Bedingung für die Darstellende Kunst in der Schule ist zu sichern. Künstlerisches Können, Kenntnis künstlerischer Verfahrensweisen an den Schnittstellen von Kunst und Bildung, Ergebnisoffenheit und Prozessorientierung sind hier ebenso wesentliche künstlerische Qualitätskriterien wie Heterogenität, Inklusion und Transkulturalität. Dies umfasst sowohl den Bereich der Rezeption wie den der Produktion. Um die Darstellenden Künste in der Schule qualitativ weiterzuentwickeln, werden Qualifikationsmöglichkeiten und Weiterbildungen für die Akteur*innen aus allen Bereichen benötigt, beispielsweise mobile Akademien.
Regionale Strukturen entwickeln
Gastspiele an Schulen und Kooperationen mit Schulen sind weiterhin gezielt und qualitativ zu fördern. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit Veranstaltern vor Ort. Eine Vorschlagsliste mit qualitativ hochwertigen Angeboten hessischer Akteur*innen sollte alljährlich von Experten erstellt werden.
Kunst über den Schulhof hinaus—Ausbau des FLUX- Residenzprogramms Die temporären FLUX Residenzen ermöglichen Generationenbegegnungen, sind ortsspezifsch angelegt und initiieren vielfältige Begegnungen mit den zeitgenössischen Darstellenden Künsten. Das Programm gilt es zu stärken, strukturell abzusichern und auszubauen. Es sollte durch Schulresidenzen erweitert werden. Dort sollten künstlerische Theaterarbeiten entstehen, die speziell für den schulischen Raum konzipiert werden und mobil spielbar sind. Hierzu gehören Klassenzimmerstücke ebenso wie Produktionen mit Schüler*innen.
Produktionshäuser für die Darstellenden Künste in ländlichen Räumen etablieren. Produktionszentren für die Darstellenden Künste für junges Publikum sowie für das Theater der Kinder sollen auch in ländlichen Räumen etabliert und gefördert werden, um Begegnungsorte für alle Generationen zu schaffen.
Fußnoten
1Sie setzt sich zusammen aus Vertreter*innen des Hessischen Kultusministeriums, der Verbände ASSITEJ e.V., Landesverband Schultheater in Hessen e.V., laPROF Hessen e.V., des Landesverbands Theaterpädagogik, des Arbeitskreises der hessischen Kinder- und Jugendtheater sowie den Programmleiter*innen der Netzwerke FLUX, TUSCH Frankfurt, Schultheater-Studio, der Tanzplattform Rhein-Main und der Sprecherin der theaterpädagogischen Abteilungen der Stadt- und Staatstheater.
2 Fachberatungen Kulturelle Bildung, Koordinierungsstellen Kulturkoffer, FLUX, TUSCH, Landkulturperlen, AK Südwest, laPROF, Schultheater-Studio, LTPH, LSH.